Rückblick 2021
10. Jahrestagung Innovationsforum Energie
30. und 31. August 2021 | Zürich, Schweiz
Das diesjährige Innovationsforum Energie hat pünktlich zu seinem 10-jährigen Bestehen die Energiebranche wieder mit spannenden Referenten und Diskussionen rund um das Thema Innovation begeistert. Der letztjährige durch Corona bedingte Ausfall der Veranstaltung hat die diesjährige Veranstaltung umso erfrischender gemacht. Die Teilnehmenden genossen die Möglichkeit des Netzwerkens vor Ort und nutzten die Veranstaltung noch mehr als schon in der Vergangenheit, um aktiv mitzudiskutieren und Fragen zu stellen.
Zu diskutieren gab unter anderem der Eröffnungsbeitrag von Prof. Dipl.-Ing. Timo Leukefeld, Energieexperte, Autarkiesucher, Denkwandler. Dieser berichtete von einer kommenden Zeit der «Ökonomie des Überflusses», welche das «Zeitalter der Knappheit» ablösen wird. Im kommenden Zeitalter werden Häuser inklusive ihrer Elektrik, PV, etc. mit 3D Druckern nahe Null-Grenzkosten gebaut. Wartungs- und Reparaturkosten werden die eingesparten Betriebskosten übersteigen. Energie würde künftig über eine fixe monatliche Rate angeboten, welche neben der Energielieferung auch die Bereitstellung und Wartung weiterer Infrastruktur (PV Anlage, Ladestation) und aller Betriebskosten beinhaltet. Dazu könnte der Immobilieneigentümer eine Energieautarkierate von 50-70% anstreben. Diese würde ein ökonomisches Optimum darstellen und wird die Rolle des Energieversorgers nachhaltig beeinflussen.
Das dominierende Thema im Rahmen mehrerer Vorträge und Diskussionen war Wasserstoff. Gemäss Dr. René Cotting, CFO, Smartenergy, ist grüner Wasserstoff heute nicht wirtschaftlich und Projekte sind nicht «bankable». Passend dazu berichtete im Anschluss Herr Marc Steiner, Richter, Bundesverwaltungsgericht, zu den neuen Anreizsystemen im Beschaffungsgesetzt. Die ehemals dominierende Vetternwirtschaft, Protektionismus und Kartellabsprachen wurden von WTO Dumping und Marktöffnung abgelöst. Das hat die Situation nicht unbedingt verbessert. Daher sehen wir dem neuen Schweizer Beschaffungsgesetz entgegen, welches auf Qualitätswettbewerb, Innovation, Nachhaltigkeit und Korruptionsprävention setzt. Dr. Christian Schaffner, Executive Director, Energy Science Center, ETH Zürich, rundete den Vormittag mit spannenden Szenarien einer nachhaltigen Energieversorgung ab. Er zeigte was Modelle dazu beitragn können und was nicht.
Nach der Mittagspause präsentierte Marco Piffaretti, Gründer und Präsident, sun2wheel, die Implikationen der E-Mobility für die Netzstabilität und den Energiehandel in der Schweiz. Seiner Ansicht können Elektrofahrzeige das Netz stabilisieren. Anschliessend sprach Sabine Perch-Nielsen, Leiterin Energiekonzepte und Erneuerbare Energien, EBP Schweiz, von der Konsenssuche zur Zukunft der Gas-Verteilnetze und Dr. Stefan Linder, Head of Technology and Innovation, Alpiq, stellte Wasserstoff Use Cases und Geschäftsmodelle für EVU vor. Das Highlight des Tages war die darauf folgende Podiumsdiskussion zu Wasserstoff. Erstaunlich war dabei der Konsens aus Forschung, Politik und Gasbranche, welche das physisch ökologisierbare Potential der Schweizer Gasversorgung auf 15-30% beziffert (unter Nutzung z.B. von Biogas und Einspeisung von Wasserstoff). Damit wurde deutlich, dass der CO2-Fussabdruck der schweizerischen Gasversorgung nicht durch einen Umstieg auf physisch verfügbare, ökologische Alternativen möglich ist. Weiters war erstaunlich, dass die Einspeisung von Wasserstoff in Niedrigtemperaturinfrastrukturen ökonomische Verschwendung wäre, da der Wert des Wasserstoffs dabei auf den reinen Brennwert reduziert würde.
Der zweite Tag teilte sich in die Foren A und B. In Forum A ging es um Geschäftsmodelle und Technologien für die neue Energiewelt. Es zeigte sich sehr deutlich, dass neue und innovative Lösungen nun eine Realität sind. Sei es der Einsatz von zertifizierten Smart Metering Gateways, die zentrale Drehscheibe für Energiedaten oder ganze Energiemanagement-Systeme. Die Digitalisierung ist in den vergangenen zwei Jahren in grossen und schnellen Schritten vorangegangen. Auf Podium zeigte sich zudem, dass auch die Regulierung in diesem Bereich vorankommt und zunehmend gestalterischen Charakter der neuen Schweizer Energiewelt bekommt. Eindrücklich waren auch die Beispiele zur Automatisierung von Netzplanung und Netzbetriebsführung, Innovation in den Netzen und das Lastmanagement bei dem Schweizer Eisenbahnbetrieb.
Forum B thematisierte Innovation und Unternehmenskultur im Energiesektor. In diesem wurde die Schnittstelle zwischen Gebäude und Energie näher beleuchtet. Es wird erwartet, dass die Rolle der Immobiliengesellschaften künftig an Bedeutung gewinnen wird. Aktuell ist diese Kundengruppe offen für Kooperationen mit der Energiebranche – gleichzeitig wird erwartet, dass sich diese Gruppe selbst Lösungen erarbeiten wird, sollte keine ausreichende Bereitschaft für Kooperationen unter den Energieversorgern vorhanden sein. Kurzum: wenn man Immobiliengesellschaften als Kunden ablehnt, darf man sie später als Wettbewerber begrüssen.
Abschliessend wurde nochmals auf die wohl entscheidende Voraussetzung für erfolgreiche Innovationen hingewiesen: Man muss den Alltag des Kunden verstehen! Wenn einem das gelingt, bedienen neue Lösungen auch die Bedürfnisse des Kunden – und sind dadurch erfolgreich.
Auch in diesem Jahr darf abschliessend gesagt werden, dass die schweizerische Energiebranche offen für neue Ideen ist und einige hiervon auch im kleinen Rahmen umsetzt. So sind wir bereits heute auf die Fortsetzung der Gespräche am Innovationsforum Energie am 2. und 3. Juni 2022 gespannt!